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10 Thesen


zur Situation und Zukunft der Produktionsorganisation in der Lebens- und Genussmittelindustrie


1. Die Individualisierung der Gesellschaft zwingt besonders Lebens- und Genussmittelhersteller zu immer neuen Produkten und -varianten. Strategische Wettbewerbsvorteile können nur diejenigen Unternehmen auf- und ausbauen, die ein hohes Maß an Varianten- und Mengenflexibilität sicher stellen können.


2. In den letzten Jahren war im Bereich Produktion die Erschließung von Kosteneinsparungspotentialen das vorrangige Ziel. Innerhalb der nächsten Jahre wird die Servicequalität der Produktion das primäre Ziel sein. Die Servicequalität einer Produktion umfasst die Sicherstellung und Beherrschung der vom Kunden geforderten Mengen- und Variantenflexibilität sowie die Sicherstellung der Lieferfähigkeit aller Produkte.


3. Durch die Verschiebung der Zielprioritäten von der Reduzierung der Stückkosten zur Sicherstellung und Erhöhung der Servicequalität werden vor allem kurz- bis mittelfristige Aktivitäten zum Ausbau von technischen und personellen Kapazitäten initiiert. Damit werden die bisher erzielten Ergebnisse der letzten Jahre zur Optimierung der Produktionsorganisation verwässert.


4. Investitionen werden als erstes auf technische Lösungen fokussiert. Damit soll der geschaffene Investitionsstau reduziert und neue Kapazitäten geschaffen werden. Organisatorische Änderungen werden erst nach der Umsetzung technischer Investitionen durchgeführt. Damit bewegt sich die Branche im traditionellen, sequenziellen Zyklus von technischen und organisatorischen Optimierungen. Aber gerade die gleichzeitige Anpassung von Organisation und Technik ermöglicht häufig erst Wettbewerbsvorteile nachhaltig und mit weniger Aufwand zu generieren.


5. Die Personalkapazitäten direkt in der Produktion und in den technischen Berei-chen setzen sich immer häufiger aus eigenem Personal, Leiharbeitern und Outsourcing-Partnern zusammen. Bereichsübergreifende Instrumente und Methoden zur Planung der Personalkapazitäten kommen jedoch nur selten zum Einsatz. Mit steigender Auslastung der vorhandenen Kapazitäten nehmen die Interdependenzen zwischen diesen Ressourcen und damit die Komplexität der Kapazitätsplanung zu. Zur Erschließung weiterer Potentiale muss diese Komplexität zukünftig intensiver und professioneller gemanagt werden. Tragende Säule wird die organisatorisch-integrative Bearbeitung der Produktions-, Personaleinsatz- und Instandhaltungsplanung, des Leiharbeitnehmermanagements sowie deren IT-Unterstützung auf Shop-Floor-Ebene.


6. Die Variablisierung der direkten Personalkosten im Produktionsbereich sind in der Branche durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern und dem Outsourcing von ganzen Bereichen stark vorangetrieben worden. Die Bedingungen für die Produktion werden immer komplexer, z.B. durch Anforderungen aus ISO, BRC, IFS, der steigenden technischen und Produktkomplexität u.s.w. Dieser Komplexitätsanstieg ist jedoch mit dem derzeitigen Grad und der Qualität der Variabilisierung durch externe Arbeitnehmer nicht zu bewältigen. Es wird wieder verstärkt in den Aufbau von eigenem, gut geschultem Personal investiert. Gleichzeitig müssen Leihpersonalfirmen und Outsourcing-Partner in die Qualifikation ihrer Mitarbeiter investieren, um den stetig wachsenden Anforderungen gerecht zu werden.


7. Vorreiter im Einsatz neuer Organisationsformen, Managementmethoden und -instrumente (wie z.B. TPM, SixSigma, etc.) sind in Deutschland die Konzerne der Automobilindustrie und des Anlagenbaus. Während in der Vergangenheit die Unternehmen der Lebens- und Genussmittelindustrie diese Impulse eher zögerlich aufgenommen haben, werden neue Managementansätze immer schneller in das Repertoire der Werk- und Produktionsleiter aufgenommen und in die bestehende Organisation integriert. Die Geschwindigkeiten organisatorischer Anpassungen in der Ernährungsindustrie wird sich der Geschwindigkeit z.B. der Automobilindustrie zunehmend anpassen und damit erheblich erhöhen.


8. Die Prozessorientierung mit ganzheitlichen Verantwortungsbereichen wird in der Produktion zum Standardorganisationsmodell. Gleichzeitig ist oder wird in naher Zukunft die traditionelle organisatorische Trennung zwischen der Produktion und der Elektro-/Schlosserwerkstatt aufgehoben sein. Vor allem der Mehrschichtbetrieb treibt die Diffusion von Technikern in den operativen Verantwortungsbereich der Produktion voran.


9. Die großen Kostenpotentiale auf Shop-Floor-Ebene sind unter dem Preisdruck der letzten Jahre weitestgehend ausgeschöpft worden. Das größte strategische Kostenpotential liegt jetzt in der Optimierung der vorhandenen Wertschöpfungsketten. Ein aktives und professionelles Supply Chain Management mit ganzheitlicher Prozessverantwortung über die internen Schnittstellen in Kombination mit den Schnittstellenoptimierungen zu Lieferanten und Kunden birgt das größte strategische Potential in den Faktoren Kosten, Produkt- und Servicequalität. Vor allem die letzteren Merkmale bilden gleichzeitig die wichtigsten Differenzierungsmerkmale, mit denen vor allem die Markenanbieter aus Sicht der Produktion beim Großhandel und beim Endkunden punkten müssen.


10. Act global think local. Vor allem der Mittelstand kann sich gegenüber international agierenden Großkonzernen durch schnelle lokale Reaktionsfähigkeit kombiniert mit den Vorteilen des Know-hows von spezialisierten Produktionsstandorten eines Produktionsverbundes Marktanteile sichern. Um dies sicherzustellen, werden einzelne Werke mittelständischer Unternehmen eine Vorreiterfunktion in der Entwicklung und dem Transfer von spezifischen Kompetenzen innerhalb des Netzwerkes übernehmen.


Der harte Preiskampf der letzten Jahre bei gleichzeitiger Variantenerhöhung hat die Unternehmen gezwungen, einen hohen Aufwand in Kostenreduzierungsmaßnahmen zu investieren. Größere Investitionsvorhaben wurden nicht oder nur schleppend getätigt. Damit hat sich die Branche ein gewisses Gleichgewicht zwischen Kosten und Kapazitäten erarbeitet, welches durch den beginnenden wirtschaftlichen Aufschwung und die damit verbundene steigende Nachfrage labil geworden ist. Die oben aufgestellten 10 Thesen zur Situation und Zukunft der Produktionsorganisation in der Ernährungsindustrie fassen die neuen Herausforderungen zusammen.